Von Zellen, Pilzen und Pflanzen
Dr. Sonja Heinzen, Biologin im Ruhestand
Seit Herbst 2018 engagiere ich mich im Fibonacci-Mentoringprogramm und begleite mittlerweile zwei Kinder.
In den achtziger Jahren habe ich an der Universität Köln Biologie studiert und im Fach Strahlenbiologie zum Dr. rer. nat. promoviert. Ich arbeitete im Bereich Molekularbiologie und Hepatologie an den Universitätskliniken Essen, Aachen und Bonn. Zu meinem beruflichen Alltag gehörten die Leitung von Forschungsvorhaben, das Publizieren von Studien und die Anleitung von Doktoranden zum wissenschaftlichen Arbeiten.
Es stand für mich schon immer fest, dass ich mich nach dem Berufsleben im Bildungsbereich für Kinder und Jugendliche ehrenamtlich engagieren würde. Seit einigen Jahren unterstütze ich Kinder einer Grundschule bei den Hausaufgaben und in den Ferien führe ich mit den Schülern kleine Experimente durch, um sie an die Naturwissenschaft heranzuführen. Das Interesse der Kinder ist groß.
In einem nachbarschaftlichen Kontext entstand die Bekanntschaft mit Frau Dagmar Schilling, die mir das Fibonacci-Mentoringprogramm vorstellte. Schnell war ich von diesem Projekt überzeugt und wollte meine Erfahrungen und meine Begeisterung für Naturwissenschaften an junge Menschen weitergeben. Im September 2018 begann ich mit der Begleitung eines11-jährigen Mädchens, das sehr wach und hochmotiviert ist. Johanna interessiert sich für die Anatomie des Menschen, für Biologie und für Chemie. Sie ist eine sehr gute Schülerin und möchte Medizin studieren. Schon nach einigen Treffen merkte ich, dass die Schülerin von meinem Wissen profitierte und es entwickelte sich zwischen uns ein freundschaftliches Verhältnis. Die positiven Erfahrungen brachten mich auf die Idee, eine zweite Mentorenschaft zu übernehmen, diesmal für einen 12-jährigen Jungen, der sich besonders für Fische, Amphibien und Reptilien interessiert. Mein Mentee hat vietnamesische Wurzeln. Von seiner Lehrerin wurde er trotz seiner guten Befähigung als „Problemkind“ wahrgenommen und daher für das Programm vorgeschlagen. Er möchte Forscher werden.
In unseren wöchentlichen Treffen in einer Bibliothek diskutieren wir über die faszinierende Welt der Pflanzen und Tiere. Aus den ersten Organismen, die auf der Erde entstanden sind, entwickelte sich eine Vielfalt von Lebensformen – von Einzellern, Pilzen und Pflanzen bis hin zu Fischen, Amphibien, Reptilien und Säugetieren. Alle Lebensformen teilen einige gemeinsame Eigenschaften. Sie sind aus Bausteinen (Zellen) aufgebaut, sie verfügen über einen Stoffwechsel und sie vermehren sich untereinander. Durch das Herstellen eines dreidimensionalen Zellmodells machten sich die Mentees mit dem Aufbau einer Zelle und den Unterschieden zwischen einer pflanzlichen und einer tierischen Zelle vertraut. Zellen in ihrer natürlichen Gestalt wurden dann unter dem Lichtmikroskop betrachtet.
Zellen besitzen verschiedene Zellorganellen, die mit den Organen eines Gesamtorganismus vergleichbar sind. Die Mitochondrien sind die „Kraftwerke“ und die Ribosomen die „Eiweißfabriken“ der Zelle. Der Zellkern, der die „Steuerzentrale“ der Zelle ist, enthält die genetische Information. Chloroplasten sind nur bei den Pflanzen zu finden. In den Zellen der Wasserpest sind sie unter dem Lichtmikroskop gut zu erkennen. In den Chloroplasten wird die Sonnenenergie in chemische Energie umgewandelt und gespeichert. Mithilfe dieser Energie kann die Pflanze in der Fotosynthese Wasser und Kohlendioxid in Zucker verwandeln. Die gebildeten Nähstoffe können von pflanzenfressenden Tieren genutzt werden, so dass dieser Prozess die Grundlage allen tierischen Lebens bedeutet. Er setzt auch Sauerstoff frei, der für die Atmung notwendig ist.
In Chemie lernen die Mentees, dass Elemente mit Symbolen bezeichnet werden und deren Einordnung in Elementfamilien zu einem übersichtlichen, inzwischen 150 Jahre alten System führte (Periodensystem). Die „Reise ins Innere der Atome“ macht deutlich, dass Atome aus einem Kern und einer mit Elektronen gefüllten Hülle bestehen. Nach Niels Bohr können sich diese nur in bestimmten Bereichen der Hülle, den Elektronenschalen aufhalten. Die Mentees fanden heraus, dass im Periodensystem die Hauptgruppennummer die Anzahl der Elektronen auf der Außenschale angibt.
Hin und wieder verwandelt sich meine Küche in ein kleines Forschungslabor, in dem wir kindgerechte Experimente durchführen. Zum Beispiel entsteht in der Reaktion von Backpulver und Zitronensäure das „Prickeln“ in der Brause. Ein anderer Versuch zeigte, dass Rotkohlsaft ein Indikator für Säuren und Laugen ist. Ich überlege mir immer wieder neue Fragestellungen, die für die Mentees von Interesse sind.
Die Arbeit als Mentorin bereitet mir sehr viel Freude. Die Kinder sind wach, begeisterungsfähig und erscheinen hochmotiviert zu unseren Treffen. Es ist ein großer Glücksfall, dass wir so gut zueinander passen. Für mich ist es wichtig, mein Wissen an die junge Generation weiter zu geben und sie an die Naturwissenschaften heranzuführen.