Finn und Dr. Witzmann

Finn und Dr. Witzmann

Als unser Sohn Finn vor dreieinhalb Jahren in die Schule kam, gab es bereits nach sehr kurzer Zeit die ersten Probleme. Seine Lehrerin beklagte sich bei mir, er sei so langsam beim Durcharbeiten seiner Aufgabenhefte, dass sie es kaum aushalten könne. Er sei Klassenletzter, obwohl er alles könne und keine Verständnis probleme habe. Sie sei sicher,
dass es sich um eine Konzentrationsstörung handele. Gleichzeitig berichtete sie jedoch, wenn Finn sich am Unterricht beteilige, sei sie oft erstaunt, wie gut seine Antworten inhaltlich sowie sprachlich seien – vor allem, wenn es sich um Naturkunde handele. (Schon im Kindergarten hatte Finn ein erstaunliches Interesse und Wissen an Meeresbiologie und Paläontologie entwickelt.)
Finn entwickelte innerhalb kürzester Zeit das Gefühl, er sei ein schlechter Schüler, gab schnell auf, hatte morgens vor der Schule Bauchschmerzen und die nachmittäglichen Hausaufgaben wurden zur Tortur.
Vor ungefähr einem Jahr empfahl uns ein befreundeter Psychologe, Finn einen Intelligenztest machen zu lassen, und so erfuhren wir, was die Ursache dieser ganzen Schwierigkeiten war: Finn ist hochbegabt.

Im Zuge unserer Bemühungen, ihn zu fördern, lernten wir das Fibonacci-Projekt und Dagmar Schilling kennen, die für Finn tatsächlich Dr. Florian Witzmann, Paläontologe am Naturkundemuseum Berlin, als ehrenamtlichen Mentor gewinnen konnte. Das war für uns Eltern wie ein Sechser im Lotto, hatten wir doch schon lange das Gefühl, Finns Gesprächsbedarf und auch seine Neugier auf diesem Gebiet absolut nicht stillen zu können. Seit diesem Sommer geht Finn nun also einmal wöchentlich ins Naturkundemuseum zu Dr. Witzmann, mit dem er sich sehr gut versteht und zu dem er inzwischen bereits eine vertraute, innige Beziehung hegt. Die beiden untersuchen gemeinsam urzeitliche Knochen (Finn bringt auch öfter Teile aus seiner eigenen Sammlung mit, um sie auf Echtheit zu prüfen), Dr. Witzmann lässt Finn sehr kostbare Stücke anfassen, da er Finn als „Jungforscher“ absolut vertraut, sie durchforsten die Archive und den Knochenkeller des Naturkundemuseums und recherchieren im Internet über besondere Urzeittiere.
Auf unseren Sohn hat das alles eine geradezu kathartische Wirkung. Er hat wieder „mehr Nerv“ für die Schule, da es jemanden gibt, der sich für sein besonderes Wissen interessiert und er sich darüber austauschen kann. Seine Konzentration auf den Schulstoff hat sich erheblich verbessert und somit auch seine Schulnoten (er steht insgesamt zwischen „gut“ und „befriedigend“ mit Gesamttendenz zu „gut“). Es haben sich Freundschaften zu anderen Schülern stabilisiert, da er sie nicht mehr mit seinem Wissensgebiet „zutextet“, sondern lieber mit ihnen Fußball spielt. Er ist insgesamt ausgeglichener und zufriedener geworden, wird nur noch selten von Wutanfällen heimgesucht und ist vor allem sehr viel selbstbewusster geworden, da sein Spezialwissen gewürdigt wird. Für Dr. Witzmann malt er manchmal zum Dank ein Bild, kocht Erdbeermarmelade oder backt Dinosaurier-Kekse.
Er freut sich jede Woche neu auf SEINE Stunde im Naturkundemuseum, die ihn – nach eigenen Worten – richtig glücklich macht.

Finn und Dr. Witzmann
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