Bericht von Tims Mutter

„Wenn man tot ist, ist der Rechner im Kopf kaputt.“ (Tim, 3 Jahre, 4 Monate)

Dass das eigene Kind immer etwas Besonderes und Einzigartiges darstellt, lässt sich aus eigener Erfahrung als Mutter nicht abstreiten. Dass man zu diesem „Wunder“ noch mehr dazu bekommt als „nur“ einen fröhlichen, gesunden Jungen, stellte mich im Laufe der Jahre vor einige Hürden.
Die Umwelt segnete uns mit sehr ambivalenten Äußerungen – abwertenden Bemerkungen, aber auch schönen, aufmunternden Worten. Ich war verwirrt, und mein junges Mutterglück war mitunter so mit Zweifeln behaftet, dass die Überlegung zum Tragen kam: „Mein Sohn ist einfach anders“.
Zu diesem Zeitpunkt entstand der Gedanke, meinen Sohn das erste Mal testen zu lassen. Die lange Ungewissheit hatte nun einen Namen bekommen – Hochbegabung. Der Kindergarten wurde dreimal gewechselt, bis ein geeigneter Kinderladen sein Potenzial erkannte und förderte. Hier durfte er mit Zahlen und Buchstaben jonglieren und war für die Gruppe eine Bereicherung statt einer „Belastung“. Auf die Schule freute sich Tim sehr, wurde aber schnell eines Besseren belehrt. In der Schuleingangsphase riet mir die
Klassenlehrerin an, doch wegen der Verhaltensauffälligkeiten meines Sohnes einen Psychologen aufzusuchen. Er hatte die Frechheit besessen, das Tun der Lehrerin in Frage zu stellen.
Nach einem halben Jahr des Ausharrens hospitierte mein Sohn in einer neuen Grundschule, die er bereits nach zwei Tagen nicht mehr verlassen wollte. Er kommentierte dies mit den Worten: „Ich bleibe jetzt hier, in die andere Schule werde ich nicht mehr zurückgehen.“
Den Entschluss und meine Entschiedenheit bereue ich bis heute nicht. Das vierte Schuljahr gestaltete sich allerdings noch etwas schwierig, da die Klassen aufgeteilt wurden und die neue Lehrerin das Anderssein meines Sohnes als Fehlinterpretation meinerseits darstellte.
Der Stress auf einer weiterführenden Schule wurde nicht weniger, eher gezielt durch einige Schüler verstärkt. Mein Sohn musste einiges an Häme einstecken (Streber, Besserwisser, altklug). Er wurde zeitweise gemobbt und sogar getreten, sodass ich ihn aus der Schule abholen musste. Er klagte vermehrt über symptomatische Kopf- und Bauchschmerzen, Übelkeit und totaler Verweigerung an jeglichen Unternehmungen. Sein Lispeln verschlechterte sich vehement und gab mir die Initialzündung dafür, in der Schule vorzusprechen.
Danach hat sich die Situation etwas entschärft, im Raum blieb aber die latente Aufforderung, dass mein Sohn sich doch ändern solle. Momentan hält sich seine schulische Situation im erträglichen Rahmen.
Bis zur zweiten Testung vergingen sechs Jahre. 2013 stieß ich durch Anregung einer Psychologin auf den Projektträger AspE e.V. Durch das im Träger verzahnte Programm „Fibonacci“ erhoffte ich mir Hilfe und Unterstützung für mein Kind. Als alleinerziehende Mutter (M.s Vater befindet sich im Ausland) und ohne greifbares familiäres Umfeld bin ich auf jegliche Hilfe angewiesen. Einen Spieltag bei Freunden oder ein Übernachtungsabend ist nach wie vor Luxus für mich und bietet für uns beide etwas Entspannung.
Es sollte noch einmal ein paar Wochen dauern, bis mir Frau Schilling einen geeigneten Mentor vorstellte. Der Wunsch, eine männliche Bezugsperson für ihn zu finden, war für mich Prämisse.
Mein Sohn und ich waren von dem jungen Philosophiestudenten sofort begeistert. Der Enthusiasmus und das Engagement von Herrn B. ließen neben Studium, Arbeit und ehrenamtlicher Tätigkeit das Vorbereiten themenbezogener Bereiche zu. Durch das breitgefächerte Interesse des Mentors gestalten sich die wöchentlichen Treffen sehr vielseitig.
Tim freut sich auf die Begegnungen und ruft seinen Mentor auch schon selbständig an, wenn ihm eine Frage auf den Lippen brennt oder ein Termin verschoben werden muss. Er fühlt sich verstanden, ist hochmotiviert und voller Tatendrang.
Das Fibonacci Mentorenprogramm ist eine tolle Einrichtung und ich will sie mit all den Vorteilen nicht mehr missen . Den Förderern des Projekts spreche ich meinen Dank aus. Im Besonderen ein herzliches Dankeschön an Frau Schilling für ihre tatkräftige Unterstützung.

Tim – Erfahrungsbericht
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